Frankfurt am Main, 10. 3. 2021 – Das Regelwerk der Europäischen Zentralbank (EZB) zu den Kreditsicherheiten privater Banken, die sich Geld bei ihr leihen, bevorzugt klimaschädliche Unternehmen. So hat die EZB Refinanzierungsgeschäfte im Wert von 300 Milliarden Euro mit Unternehmensanleihen abgesichert, von denen über sechzig Unternehmen aus dem kohlenstoffintensiven Sektor profitieren, darunter Firmen wie Shell, Total, Eni, OMV und Repsol. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie von Greenpeace, der New Economics Foundation (NEF), der SOAS University of London, der University of the West of England und der University of Greenwich. Die Studie erscheint einen Tag vor der Sitzung des EZB-Rats, dem obersten Beschlussgremium der europäischen Notenbanken. (Studie und deutsche Zusammenfassung)
“Ausgerechnet die Europäische Zentralbank als einflussreicher Signalgeber für die Finanzwelt setzt die falschen Anreize und begünstigt Klimasünder”, sagt Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace. „Der grüne Umbau des europäischen Finanzsystems ist aber dringend nötig, denn die Klimakrise gefährdet massiv die Preisstabilität im Euroraum. Die EZB muss daher ihre Geldpolitik endlich an den Pariser Klimazielen ausrichten.“
Die Geldpolitik der EZB gilt mit ihrer Steuerungs- und Investitionsmacht als der Rahmengeber für das europäische Finanzsystem. Insbesondere der Sicherheitenrahmen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die neue Studie deckt gleich eine zweifache Bevorzugung kohlenstoffintensiver Wertpapiere auf. So macht der Anteil klimaschädlicher Unternehmen den Großteil (58 Prozent) der von der EZB akzeptierten Anleihen aus, während der Beitrag dieser Unternehmen zur Beschäftigung lediglich 24 Prozent und zur Bruttowertschöpfung 29 Prozent beträgt. Hinzu kommt: Die EZB bewertet die Anleihen kohlenstoffintensiver Industrien paradoxerweise als weniger riskant, weshalb die Abschläge auf die Sicherheiten (die sogenannten “Haircuts”) im Schnitt geringer ausfallen. “Dieses Vorgehen führt zu einer systematischen Fehlbewertung der Anleihen an den Kapitalmärkten”, sagt Vargas.
Die Studie bietet drei Wege, mit der die EZB erlauben, den kohlenstoffintensiven Anteil und damit die mit der Klimakrise verbunden Risiken des Sicherheitenrahmens zu reduzieren. Während im ersten Szenario nur die Abschläge gemäß der Klimaschädlichkeit entsprechend erhöht werden, schließen die beiden schärferen Szenarien auch kohlenstoffintensive Unternehmen aus. “Die Erderhitzung steigt von Tag zu Tag und damit der Handlungsdruck für die EZB. Die von uns entwickelten Szenarien zeigen der EZB konkrete Lösungen auf”, sagt Vargas. Greenpeace fordert die Entscheider:innen der EZB auf, zügig Methoden zur Identifikation und Vermeidung von Klimarisiken zu entwickeln und einzuführen.
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