Greenpeace: Wirtschaftsminister Altmaier hat zentrale Informationen aus Gutachten zum Kohleausstieg gestrichen
Hamburg, 20. 3. 2021 – Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat in einem entscheidenden Gutachten zu den Folgekosten des Kohleausstiegs zentrale Sachverhalte streichen lassen. Unter dem Vorwand redaktioneller Änderungen wurden zudem brisante Äußerungen verschleiert.
Das zeigt Greenpeace mit einem Abgleich der öffentlich zugänglichen Fassung und der bisher unter Verschluss gehaltenen Originalfassung. Betroffen sind vor allem Passagen zum Tagebau Garzweiler II und zur langfristigen wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit der Braunkohlekonzerne. “Im Original birgt das Gutachten weiteren politischen Sprengstoff. Altmaier hat die Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten getäuscht”, sagt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. „Der Wirtschaftsminister muss jetzt vollständige Transparenz über die dubiosen Vorgänge in seinem Ministerium gewährleisten.”
Das Gutachten “Ermittlung von Folgekosten des Braunkohletagebaus” stammt von November 2019, also rund sieben Monate vor der umstrittenen Entscheidung zum Kohleausstiegsgesetz. Erst im Dezember 2020 veröffentlichte das Wirtschaftsministerium eine redigierte Fassung des Gutachtens, das Original blieb unter Verschluss. Erst Anfang 2021 erhielt Greenpeace auf seine UIG-Anfrage von Dezember 2019 Einblick in den Großteil der Unterlagen.
Brisant sind gestrichene Aussagen zum Tagebau Garzweiler. Im Original empfiehlt das Gutachten, ein zusätzliches Szenario zu prüfen: Demnach sollte die Kohle im Tagebau Garzweiler II nur teilweise abgebaut, die Dörfer aber dennoch auf ganzer Fläche zerstört werden. Begründet wird dies mit den benötigten Erdmassen, um die steilen Böschungen des Tagebaus zu stabilisieren und einen Teil der A61 wiederherzustellen. “Wirtschaftsminister Altmaier will offenbar vertuschen, dass die Bundesregierung Dörfer abbaggern lassen würde, damit RWE seinen 250-Meter tiefen Krater billig auffüllen kann”, sagt Smid. “Ministerpräsident Laschet muss verhindern, dass Dörfer sinnlos zerstört werden.”Eine Entscheidung zu den zukünftigen Grenzen des Tagebaus Garzweiler II wird in den kommenden Tagen erwartet.
Weiter fehlt im gekürzten Fazit des Gutachtens die Empfehlung, die langfristigen wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit der ostdeutschen Braunkohlekonzerne MIBRAG und LEAG überprüfen zu lassen. Das Original-Gutachten stellt fest, dass es über die langen Rekultivierungszeiträume keine Sicherheit vor einer Insolvenz der Unternehmen geben kann. Die in dem redigierten Gutachten verbliebene statische Analyse hat dagegen keine Aussagekraft zur Überlebensfähigkeit der Braunkohlekonzerne. Die Kernfrage, ob die Rückstellungen und die zukünftigen Einnahmen ausreichen, um die milliardenschweren Rekultivierungskosten begleichen zu können, bleibt damit ungeklärt.
Die Unterlagen finden Sie online hier: http://bit.ly/UIG-Braunkohle
einen Überblick hier: http://bit.ly/Überblick-UIG-Braunkohle
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Aktivist:innen protestieren vor dem Bohrturm in Reichling: “Gas stoppen”!
An Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger richteten sie mit dem Protest in Reichling die Forderung, die Konzession für die Bohrfirma nicht zu verlängern.
Gasbohrung vor Borkum: Vertrag mit Niederlanden verstößt gegen Grundgesetz und Völkerrecht
Der Vertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden zur grenzüberschreitenden Erdgasausbeutung vor der Nordseeinsel Borkum ist verfassungs- und völkerrechtswidrig. Er verstößt sowohl gegen das Pa...
Greenpeace-Stellungnahme zum Bohrbeginn in Reichling
Im oberbayerischen Reichling hat die Gasbohrung begonnen. Das hat die Regierung von Oberbayern bestätigt. Saskia Reinbeck, Klimaschutzexpertin von Greenpeace Bayern, fordert Bayerns Wirtschaftsmini...
Braunkohlekonzern Leag: Analyse warnt vor Finanzierungslücken bei der Rekultivierung der Tagebaue
Der Konzernumbau beim Lausitzer Energiekonzern Leag verschiebt Milliardenrisiken aus dem Braunkohlegeschäft auf die Allgemeinheit, so eine Analyse des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)...
Greenpeace-Stellungnahme zu bevorstehender Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
Sophia van Vügt, Greenpeace-Expertin für Klima- und Energiepolitik, bestreitet, dass CCS dem Klimaschutz hilft.